Jessi und ich berichten euch ja mit Vorliebe von Erfurts Kreativköpfen wie dem Upcycling-Taschenmacher Fawwi. Aber habt ihr euch schon mal gefragt, wo diese ganzen Künstler ungestört hämmern, basteln, experimentieren, singen und kratzige E-Gitarren-Riffs üben können? Bezahlen sie 10.000.000€ Miete im Monat, um genug Platz zu haben und wohnen sie mit den tolerantesten Nachbarn der Welt zusammen? Nein! Viele von ihnen haben im Zughafen einen Ort gefunden, an dem sie mit ihren Leidenschaften immer willkommen sind.
Die Historie des Zughafens
Doch nicht immer bot das Gebäude so viel Platz für Kreativität. Ursprünglich war es das Verwaltungsgebäude des Erfurter Güterbahnhofes, quasi der Albtraum eines jeden Künstlers. Doch als am 01. April 2002 Andreas Welskop und Clueso die leerstehenden, schnöden Hallen betraten, war der Auftakt für viele Jahre voller Engagement, Kreativität, Musik und bunten Events gemacht – der Zughafen wurde auch weit über Erfurt hinaus bekannt und beliebt… oder viel mehr noch: geliebt.
Allen erdenklichen Firmen, Start-Ups, Künstlern, Projektbüros, Bands, Studios und Kreativhandwerkern bot er von nun an Unterschlupf. Im Laufe der Jahre haben die alten Backsteinmauern etwa 40 dieser Projekte beherbergt, viele sind bis heute geblieben. Wenn in einem Gebäude so viele Ideensammler aufeinander treffen, ist klar, dass der Zughafen sich zu mehr als nur einem Arbeitsplatz entwickeln musste. Heute steht der Begriff nicht mehr dafür allein, sondern auch für das große Netzwerk all der unterschiedlichen, aber doch irgendwie gleichen Erfurter.
Und dann passierte etwas, das einfach auf der Hand liegt, wenn so viel Kreativität aufeinander prallt: Es entstanden ganz neue, unvorhergesehene Formate. Vielen ist wahrscheinlich noch das Hohe C ein Begriff und auch der Besuchermagnet Hafenmarkt ist diesem Netzwerk entsprungen… nur, um mal einige Beispiele zu nennen. Ein Projekt, das die Herzen so vieler im Sturm erobert, bleibt natürlich nicht unbemerkt. 2012 gab es deshalb den „Kulturpreis der Landeshauptstadt“ für das Netzwerk.
Nicht zuletzt erlangte der Zughafen Bekanntheit über Clueso, dessen Alben und Singles dort entstanden und der seine Touren und Videos in den heiligen Kreativhallen plante – keine Frage. Aber nicht wenigen von euch sollten auch die Namen Norman Sinn, Hundreds, Max Prosa, Marbert Rocel, Ryo, Makabu, lilabungalow und dieSTÜBAphilharmonie etwas sagen. Und überhaupt schmückt sich der Zughafen nicht mit Namen, und wenn dann mit großen und kleinen gleichermaßen. 😊 Viel mehr ist man stolz darauf, einen lebendigen Platz für Talente aller Art geschaffen zu haben und diese in ihren besonderen Fähigkeiten zu fördern.
15 Jahre Zughafen
Wer bis hierhin aufmerksam gelesen hat und noch dazu ein schlauer Rechenkopf ist, der hat vielleicht bemerkt, dass der Zughafen (in seiner jetzigen Form) 2017 sein 15-jähriges Jubiläum feiert. 😊 Das wird vom 21. bis 23. April ausgiebig inner- und außerhalb des Gebäudes zelebriert. Wie? Erstmals wird das gesamte Gelände der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Zughafen-Netzwerk veranstaltet ein Straßenfest und noch dazu wird die Brauerei Heimathafen eröffnet. Für das Abendprogramm haben sich verschiedene Künstler zusammengetan und eine Fassadenprojektion kreiert und außerdem wird die legendäre offene Jam-Session „JB-Session“ von 2003 wiederbelebt. Der krönende Abschluss ist das Konzert des Pianisten und Klangvirtuosen Martin Kohlstedt am Sonntagabend. Alle näheren Infos zum Haupt- und Rahmenprogramm findest du übersichtlich aufgelistet am Ende dieses Beitrages. 😉
…und nach der großen Fete?
Wie ein Geburtstag ist auch ein Jubiläum immer ein passender Anlass, um einen Blick in die Zukunft zu werfen. Als Erfurter Zentrum für Kunst und Kultur sowie Kreativ- und Veranstaltungswirtschaft will man hier natürlich auch in den kommenden Jahren entscheidend mitwirken und -gestalten. Dazu zählt auch, den Zughafen in der neu entstehenden ICE-City in direkter Nachbarschaft zu etablieren. Nach der großen Feier soll dann die Zughafenfläche zunehmend und dauerhaft öffentlich zugänglich gemacht werden. Vor allem sollen Veranstaltungsflächen entstehen, wie sie bereits für den Klub Kalif Storch oder die Halle 6 existieren. Denkbar wäre beispielsweise die Bespielung des Außengeländes als Stadtstrand, wobei wie immer gilt: Der Zughafen soll am besten auch über Erfurts Grenzen hinaus Besucher anlocken.
Verständlicherweise ist die Voraussetzung für solche Projekte die Planungssicherheit für die Betreibung der Fläche. Derzeit besteht für die Mitwirkenden nur ein Mietvertrag bis Ende 2017 – dringend notwendig wäre baldige Sicherheit für alle Beteiligten, was im Klartext einen Mietvertrag für noch mindestens fünf weitere Jahre bedeutet. Das wäre laut Andreas Welskop, dem Geschäftsführer, „das schönste Geburtstagsgeschenk an den Zughafen“.
Hauptprogramm
22.04. 13:00-19:00 Uhr Straßenfest und offenes Haus
Zughafen-Gelände, Eintritt frei
Der Zughafen öffnet erstmals seine Türen und führt dich durch die Räume des kreativen Netzwerkes. Es erwarten dich Musik, Kunst, Kultur und Kulinarisches.
22.04. 20:00 Uhr JB Session
Halle 6
Die Wiederbelebung der JB Session ist defintiv ein musikalisches Highlight. Neben anderen Zughafen-Musikern bekommst du Daniel Bätge (bass), Christoph Bernewitz (git), Paul Tetzlaff (drums), Christian Kohlhaas (pos), Julius Trautvetter (Keys), Norman Sinn (MC), Dirty25 (MC), Steer M (MC), Sophie Grobler (voc) und Spunk (voc) auf die Ohren.
23.04. 20:00 Uhr Martin Kohlstedt
Halle 6
Der Pianist Martin Kohlstedt gibt exklusiv für den Zughafen ein Geburtstagskonzert. Pssst, Ende 2017 spielt er auch in der bereits jetzt ausverkauften Hamburger Elbphilharmonie! 😉
21.-23.04. immer zur vollen Stunde 21:00-00:00 Uhr „more than loops“ (Fassadenprojektion)
Um den Zugbahnhof angemessen zu feiern, wird wirklich jede vertretene Kunstform (wortwörtlich) mal ins Rampenlicht gestellt. In den Abendstunden des Wochenendes projiziert die im Hauptgebäude ansässige Lichtforma Lotus Lumina eine Produktion des Visual Artist Dirk Rauscher an die Fassade. Letzterer hat u.a. schon mit Clueso, Marbert Rocel, Keoma und Genius Loci zusammengearbeitet. Begleitet wird das Ganze von passender Musik – eigens komponiert von Clueso. ❤
Rahmenprogramm
21.04. 19:30 Uhr Scottish Ensemble „Three Parts Bach“ (Thüringer Bachwochen)
Halle 6, Eintritt ab 10€
21.04. 22:00 Uhr Bachspace (Thüringer Bachwochen)
Kalif Storch, Eintritt 15€/10€ ermäßigt
22.04. 23:00 Uhr Booyakah (Hip-Hop Party)
Kalif Storch, Eintritt 10€
28.04. 20:00 Uhr Diazpora & Relaén (Funk, Soul, Jazz)
Kalif Storch, VVK 13€ und AK 16€/14€
29.04. 22:00 Uhr Klubnacht (Elektro)
Kalif Storch, Eintritt 10€
30.04. 22:00 Uhr 10 Jahre Deaddisco – Say Yes Dog
Kalif Storch
28.04. – 01.05. Street Food Festival
Eintritt 3€
29. & 30.04. Mädchenflohmarkt
Halle 6
Wer immer noch nicht genug hat: Mehr Infos gibt’s hier.
Liebste Grüße,
Elisa
Foto: © Matthias Eckert
Veranstaltungsbanner: Zughafen
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