Seit kurzem liegt zwischen den vertrauten Steinmauern der Alten Synagoge ein neuer Schatz verborgen: Die Sonderausstellung „In and Out – Between and Beyond“. Sie ist zum aller ersten Mal außerhalb Jerusalems zu sehen; und das direkt vor deiner Haustür!
Begib dich bis zum 4. Juni 2023 auf eine Reise durch das mittelalterliche Aschkenas (die hebräische Bezeichnung für Deutschland) auf den Spuren des alltäglichen Lebens der jüdischen Gemeinden. Ein Forschungsteam der Hebrew University Jerusalem hat gemeinsam mit israelischen Künstler:innen ein ganz besonderes Besuchserlebnis geschaffen. Am besten du überzeugst dich selbst! ;)


Akribische Forschung trifft künstlerische Interpretation
Dank der Zusammenarbeit der außergewöhnlichen Forschungsgruppe „Beyond the Elite“ und sieben israelischen Künstler:innen, entstand eine ganz besondere Ausstellung zum jüdischen Alltag im Mittelalter. Hier ein Beispiel: Ein Ausstellungsstück zeigt die Projektion eines Brunnens im Herzen des Ausstellungsraumes. Eine Hommage an das Wasser, mit einem ganz bestimmten Ziel; denn Wasser ist, damals wie heute, ein wichtiger Teil jüdischen Lebens. Der Brunnen galt als ein Ort regem Soziallebens. Hier kamen die Bewohner:innen des jeweiligen Dorfes gern zusammen – und gleiches tun die Besucher:innen der Ausstellung. Clever, oder? Der projizierte Brunnen lädt dich dazu ein, dich mit anderen Besucher:innen der Ausstellung an genau diesem Ort zu versammeln und diese soziale Zusammenkunft zu spiegeln. Ein wahrer Zauber also, der durch die Verbindung akribischer Forschung und kreativer Auslegung entsteht. Die Ausstellung macht es einem leicht, eben diese Verschmelzung von Forschungsergebnissen und künstlerischer Interpretation selbst zu erleben. Wir finden: Ein ganz besonderer Ansatz!


Verschiedenste Medien schaffen ein einzigartiges Erlebnis
Die Dauerausstellung kombiniert seither klassische Ausstellungsstücke und erklärende Medieninhalte, die dem besseren Verständnis dienen sollen. Holzschnitte, eine Mini-Bibliothek oder ein interaktiver Kartentisch berichten dir über die jüdische Geschichte und Gegenwart in Erfurt. Im Zuge der Sonderausstellung „In and Out – Between and Beyond“ gibt es aktuell nicht nur weitere Kunstwerke in den majestätischen Räumlichkeiten der Synagoge zu sehen; auch die Medienvielfalt wächst. Verschiedene zeitgenössische Medien wie 3D-Drucke, Klanginstallationen, Kalligraphiedrucke, Projektionen und einiges mehr sprechen ganz unterschiedliche Sinne an. Der Besuch in der Alten Synagoge wird zu einem echten multimedialen Erlebnis. Na neugierig?


Zwei für Eins
Für die Sonderausstellung musste weder eine Ecke freigeräumt, noch ein eigener Saal hergerichtet werden; sie geht eine eindrucksvolle Symbiose mit der Dauerausstellung ein, und ist auf allen drei Etagen der Alten Synagoge zu finden. Du kannst also mit einem einzigen Besuch dein Wissen über das mittelalterliche Leben von jüdischen Gemeinden in Erfurt, um das Wissen über das Alltagsleben der Juden in ganz Deutschland ergänzen. Die integrierte Sonderausstellung ist darüber hinaus absichtlich non-linear aufgebaut und so konzipiert, dich und andere Besucher:innen dazu einzuladen, sich ihren eigenen Weg durch die Ausstellung, und somit durch das Alltagsleben der jüdischen Gemeinden im Mittelalter, zu bahnen. Ein ganz individuelles Erlebnis also. Die bewundernswerten und gut erhaltenen Räumlichkeiten der Synagoge sind ohnehin schon einen Besuch wert. Durch die Integration der Sonderausstellung bekommen sie aber nochmal einen ganz anderen Charakter, den es sich zu erleben lohnt!


Alte Schriften neu verstehen
In der Sonderausstellung treten Vergangenheit und Gegenwart in den direkten Dialog. Das Forschungsteam „Beyond the Elite“ hat sich zum Ziel gesetzt, das jüdische Alltagsleben im Mittelalter besser zu verstehen, und befasste sich deshalb mit Schriften aus verschiedensten Genres. Sie zogen Schriften vieler verschiedener Gelehrter zu Rate, und das nicht nur von der Elite. Der Weg von realen historischen Artefakten, über aktuelle Forschung bis hin zur Herstellung zeitgenössischer Kunstwerke hat zu dieser einzigartigen Ausstellung geführt. Jedem Ausstellungsstück steht ein eigener Erklärungstext bei, dem du allerlei Informationen entnehmen kannst. Ein Beispiel gefällig? Beim Betreten des Ausstellungsraumes gehst du durch ein Tor. Es handelt sich dabei um eine lebensgroße Nachbildung eines Tores, welches das Titelblatt eines alten Textes ziert. Diese Tore an Textanfängen stehen dafür, die Leser:innen in den Textraum, und somit auch in das darin enthaltene Wissen einzuladen. Eine perfekte Metapher also, um während deines Besuchs der spannenden Sonderausstellung „In and Out – Between and Beyond“ in der Alten Synagoge nicht nur eindrucksvolle Kunstwerke zu bestaunen, sondern auch etwas zu lernen. Lesen lohnt sich!


Umfangreiches Begleitprogramm
Begleitet wird die Sonderausstellung durch eine Reihe von interessanten Veranstaltungen mit Künstler:innen und Wissenschaftler:innen. Merk dir unbedingt den 14.02.2023 vor, da wird nämlich von 14:00 Uhr bis ca. 16:00 Uhr ein Workshop über hebräische Kalligrafie angeboten, geführt von einem echten Sofer (das sind Toraschreiber) aus Israel! Also, wenn du schon immer mal selbst Hand mit Tinte, Feder und Pergament anlegen, und die Geschichte hinter dieser historischen Kunst erlernen wolltest, dann melde dich jetzt an unter altesynagoge@erfurt.de, die Teilnahme ist sogar kostenlos! Und danach geht es direkt munter weiter: von 17:00 Uhr bis ca. 22:00 Uhr findet in den Räumlichkeiten der Alten Synagoge eine Valentinsparty statt. Mit von der Partie: der Illumat mit Liebesorakel nach alter jüdischer Tradition. Außerdem gibt es eine funky Sitzdisko und, ganz im Sinne des Anlasses, natürlich einen Vortrag über den allseits bekannten Hochzeitsring. Führungen durch die Sonderausstellungen dürfen natürlich auch nicht fehlen, da kannst du dich zum Beispiel am 14.03.2023 oder am 18.04.2023, jeweils von 15:30 Uhr bis 17:00 Uhr, drauf freuen.

Allgemeines und noch mehr über die Alte Synagoge
Adresse: Waagegasse 8, 99084 Erfurt
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 10 – 18 Uhr (letzter Einlass 17:30 Uhr)
Eintritt: 8€ / ermäßigt 5€ (an jedem ersten Dienstag im Monat frei) – Erfurter Studis mit gültiger Thoska kommen sogar kostenlos ins Museum
Text von: Niki Dallgas