(Queeres) Erfurt aufgepasst! Am 2. September 2023 geht die Erfurter LGBTQIA+ Community wieder einmal auf die Straße und formuliert beim CSD Erfurt (Christopher Street Day) bunt und unüberhörbar ihre Forderungen.


Der CSD ist eine jährliche Veranstaltung, die weltweit in vielen Städten abgehalten wird und als Festival, Parade und Demonstration dient, um die Rechte und Sichtbarkeit der LGBTQ+ Gemeinschaft zu feiern und auf wichtige Anliegen im Zusammenhang mit Gleichstellung, Akzeptanz und Vielfalt aufmerksam zu machen. In erster Linie jedoch verwandelt sich der CSD Erfurt in eine ausgelassene Feier, auf der Menschen jeglicher Herkunft, Identität und Orientierung zusammenkommen, um unabhängig von sämtlichen Unterschieden eine mitreißende Party zu erleben. Diese Veranstaltung dient somit nicht nur als Plattform für wichtige Botschaften, sondern auch als wundervolle Gelegenheit, die eigene Individualität zu zelebrieren und mit Freude und Euphorie ein Zeichen für die Vielfalt zu setzen!

Der CSD Erfurt ist vor allem eine Möglichkeit, seiner eigenen Stimme Ausdruck zu verleihen und sich für die Rechte der queeren Community einzusetzen. Die Tatsache, dass die queere Community trotz Fortschritten immer noch mit Diskriminierung und sogar Gewalt konfrontiert wird, zeigt, dass da draußen noch viel Arbeit auf uns wartet. Die Demonstration beim CSD Erfurt wird daher genutzt, um klare Botschaften an Politik und Gesellschaft zu richten. Einige Forderungen lauten zum Beispiel:
„Wir fordern die volle Anerkennung aller Familienformen!“
„Wir fordern Sichtbarkeit von intergeschlechtlichen und nichtbinären Menschen!“
„Wir fordern den Ausbau queerer Zentren und Angebote im ländlichen Raum!“
„Wir fordern die Berücksichtigung von queeren älteren & pflegebedürftigen Menschen!“
„Wir fordern queere Vielfalt im Bildungswesen!“
Gilt übrigens nicht nur für Thüringen ;)
Die Anfänge und Entwicklung des CSD Erfurt
Ein Foto aus den späten 90er Jahren belegt, dass schon damals eine Demonstration der queeren Community in Erfurt stattfand. Tatsächlich ging diese erstmals 1998 auf die Straße, was wiederum bedeutet, dass der Christopher Street Day in Erfurt dieses Jahr sein 25-jähriges Jubiläum feiert. Eine Zeit voller Veränderung und Fortschritt.


In seinen bescheidenen Anfängen mag der CSD Erfurt zwar klein (allerdings nicht weniger bedeutsam) gewesen sein und hat über die Jahre eine beeindruckende Entwicklung genommen. So wuchs die Zahl der Teilnehmenden mit der Zeit stetig an. Immer mehr Organisationen und Institutionen solidarisierten sich und trieben die Professionalisierung des CSD Erfurt voran. Die Thüringer Landtagspräsidentin und Schirmherrin des CSD Erfurt, Birgit Pommer, erinnert jedoch daran:
„Selbstverständliches ist leider noch immer nicht selbstverständlich. Nur ein buntes Thüringen ist ein lebenswertes Thüringen. Menschen, die sich in all ihrer Vielfalt im Dialog begegnen, machen diesen Freistaat stark. Selbstbestimmtes Leben und Lieben haben einen festen Platz in unserer Gesellschaft. Das zeigen wir mit Stolz.“
Birgit Pommer / Thüringer Landtag
Ein Signal für Vielfalt und Akzeptanz
Die Entwicklung des CSD Erfurt verdeutlicht den anhaltenden Fortschritt auf dem Weg zu Gleichberechtigung und Akzeptanz. Das stetige Wachstum und die boomende Teilnahme am CSD Erfurt zeugen von einer Gesellschaft, die sich Stück für Stück weiterentwickelt und Vielfalt feiert. Durch den enormen Einsatz von Engagierten und allen Beteiligten sendet Erfurt ein starkes Signal für ein inklusives Miteinander. #welike

Eine Übersicht mit Anlaufstellen, Events und “Safe Spaces” speziell für queere Menschen in Erfurt und Thüringen haben wir dir einmal hier zusammengestellt. Welcher Ort an dieser Stelle trotzdem nicht unerwähnt bleiben soll:
Erfurts „Queeres Zentrum“ – Ein Meilenstein erreicht!
Vor fünf Jahren lautete eine zentrale “Forderung” des CSD Erfurt: Ein von der Stadt finanziertes Zentrum mit Vollzeitpersonal für queere Menschen aus Erfurt und ganz Thüringen zu errichten. Über Jahre hinweg fehlte eine Institution, an der sich kleinere Organisationen orientieren und Hilfe suchen konnten – eine Anlaufstelle, die wie ein „Dach“ über allem steht und zugleich allen queeren Personen einen geschützten Ort bietet. Ein langer Weg und mehrere CSD Demos führten endlich zum Ziel: Seit Oktober 2021 gibt es das lang ersehnte „Queere Zentrum“ in Erfurt.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht dabei das Motto “Begegnung, Bildung, Beratung in Thüringen”. Das „Queere Zentrum“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, seiner Community mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und einen Ort für Austausch und Vernetzung zu bieten.
Wir betrachten das als einen äußerst gelungenen Anfang, doch der bereits erkennbare Bedarf verdeutlicht, dass zukünftig weitere Zentren dieser Art benötigt werden.
Das „Queere Zentrum“ in Erfurt ist nach wie vor die einzige Anlaufstelle für die LGBTQIA+ Gemeinschaft in ganz Thüringen! Obwohl das „Queere Zentrum“ landesweit Aufklärungs- und Bildungsarbeit in öffentlichen Einrichtungen und Schulen leistet, ist klar, dass noch Notwendigkeit für weitere Entwicklungen besteht. Neben seinen Tätigkeitsfeldern kann die Bedeutung des „Queeren Zentrum“ in Erfurt als Anlaufstelle für die queere Gemeinschaft in ganz Thüringen nicht stark genug betont werden. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, der uns ermutigen sollte, selbst aktiv zu werden und positive Veränderung herbeizuführen.

Durch Unterstützung, Engagement und die Teilnahme am CSD Erfurt kann nämlich JEDE:R dazu beitragen, dass die LGBTQIA+ Community in Thüringen und darüber hinaus die Anerkennung, den Respekt und die Gleichbehandlung erhält, die sie zweifellos verdient. Falls du noch mehr zum „Queeren Zentrum“ lesen willst, dann schau doch mal bei unserem Artikel vorbei.
Das erwartet dich in der CSD Erfurt Aktionswoche
Wir finden es großartig, dass sich die einzelnen Akteur:innen des CSD Erfurt individuell einbringen und auf diese Weise ein buntes Potpourri aus Partys, Lesungen, Workshops und mehr entwickelt hat.


Das unumstrittene Highlight des CSD Erfurt ist natürlich die Parade, bestehend aus einer Demo, die am 2. September um 13:00 Uhr am Bahnhof startet, und dem anschließenden Straßenfest, das ab 15:30 Uhr auf dem Anger stattfindet. Hier wird nicht nur friedlich demonstriert, sondern auch wild gefeiert. Ab 22:00 Uhr verlagert sich die Feiermeute ins Central – Hier steigt die DRAMA Pride Party XXL. Abseits der Demonstration erwartet dich in der Woche davor ein kunterbuntes Rahmenprogramm. Es bietet eine Fülle an unterschiedlichen Veranstaltungen, die die lebendige Vielfalt der queeren Szene in Erfurt und Thüringen auf ganz besondere Art und Weise zum Ausdruck bringt. Angefangen beim queeren Picknick über Informations- und Kulturveranstaltungen bis hin zum Gottesdienst ist alles dabei.

Beim Stöbern durch das Programm sind uns besonders zwei Punkte ins Auge gestochen.
Die Queere Bouldergruppe, die sich am 29. August an der Nordwand trifft, und die Buchlesung von Alina Joelle am 1. September. Sie liest sie im “Queeren Zentrum” aus ihrem Buch „Wie die Farbe Gelb”. Hört sich super spannend an, wir werden auf jeden Fall am Start sein.
Wenn du noch weitere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen haben möchtest, schau dir gerne die Programmübersicht zum CSD Erfurt 2023 an.
Zwischen Vielfalt und Herausforderungen: Erfurts Weg zur Toleranz
Mit Erfurt eröffnet sich uns immer wieder eine Stadt, die in bunter Vielfalt erstrahlt. Zumindest vermeintlich. Fabian Gabriel, ehemaliger Organisator des CSD Erfurt, sagte schon vor fünf Jahren: „Erfurt hat mit rechten Strukturen ein ernsthaftes Problem, und die mangelnde Resonanz auf diesen Missstand erschüttert mich.“
Seine Beurteilung trifft auch heute leider noch allzu gut zu: Erfurt mag nach außen hin strahlen, aber diese Strahlkraft spiegelt nicht unbedingt die gesamte Realität wider. Denn Erfurt und auch Thüringen kämpfen schon immer mit dem Schatten der Intoleranz, auch gegenüber der queeren Community.

Die Illusion der Vielfältigkeit
To be honest: Auch wir von feelslike.erfurt können uns nicht ganz davon freisprechen, das Bild einer vielfältigen und offenen Erfurter Gesellschaft zu zeichnen. Das liegt vor allem daran, dass unser privates wie berufliches Umfeld hauptsächlich aus toleranten und offenen Menschen besteht. Für diese Bubble sind wir natürlich mehr als dankbar!
Gerade deshalb ist es aber umso wichtiger, sich bewusst ab und an in neue Bereiche zu wagen, die sich zum Teil unbequem anfühlen. Anderen Meinungen Gehör zu schenken und schwierige Gespräche nicht immer zu meiden. Stattdessen sollten wir mutig sein und unsere Meinung nicht nur laut äußern, sondern auch außerhalb unserer vertrauten „Bubble“ aktiv werden. Nur so können wir die Grundlage für eine wirklich inklusive Gesellschaft schaffen.


Ein Wunsch für Erfurt
Fabian Gabriels Wunsch für die Zukunft lautet: “Weg von rassistischen und queerfeindlichen Konflikten, hin zu einer Stadtgesellschaft, die Offenheit und Toleranz lebt.” Gleichzeitig träumt er davon, dass sich eines Tages ganz Erfurt am CSD beteiligt und dieses Fest feiert – auch dann, wenn man selbst nicht unmittelbar betroffen ist. Wir schließen uns da voll und ganz an! Ein wahrhaft schönes Zukunftsszenario, dem wir am 2. September 2023 beim CSD Erfurt gemeinsam ein Stück näher kommen können. #beproud