Fahrradfahrer in Erfurt sein ist hart. Vor allem in der Innenstadt rund um den Dom gibt es so gut wie gar keine Radwege – ok, in den kleinen Gassen ist das auch schwer realisierbar. Aber auch in den umliegenden Gebieten und auf den großen Verkehrsachsen findet man häufig nur lückenhafte Radwege, die zu allem Überfluss oft durch Mülltonnen, parkende Autos oder andere Hindernisse versperrt werden und auch gerne mal urplötzlich enden. Alternativen? Auf die Straße ausweichen und damit den Autofahrern auf die Nerven gehen oder auf dem Gehweg fahren und sich die Pöbeleien der Fußgänger anhören. Wie gesagt: Fahrradfahrer in Erfurt sein ist hart!
Dass man sich hier als Radfahrer auf einiges einstellen muss, ist mir schon sehr früh aufgefallen. Dabei bemerkte ich dann auch schnell, dass ich von meiner vorherigen Heimatstadt Magdeburg sehr verwöhnt wurde. Die Elbestadt, am Ende des Zweiten Weltkriegs stark zerbombt und nach und nach wieder aufgebaut, verfügt zwar nicht über diese unendlich süßen Gässchen, wie sie Erfurt hat, dafür protzt sie mit breiten Straßen, die nicht sonderlich schön sind, aber dafür genügend Platz für Radwege bieten. Unübertroffen ist auch der herrliche Radweg entlang der Elbe, den ich eine Zeit lang meinen Arbeitsweg nennen durfte. Doch trotz all der luxuriösen Radwege hing auch ich ein paar Mal beinahe auf der Motorhaube eines Autos – einfach, weil ich nicht als gleichwertiger Verkehrsteilnehmer wahrgenommen wurde.
Dabei sein – Präsenz zeigen
Dass diese fehlende Rücksichtnahme durch andere auch in Erfurt ein Problem ist und obendrauf auch noch die straßenbaulichen Problematiken kommen, darauf möchte die Bewegung Critical Mass mit ihren Veranstaltungen aufmerksam machen. Unter dem Motto „Wir behindern nicht den Verkehr, wir sind der Verkehr“ rufen sie zu einer großen, gemeinsamen (StVO-konformen) Fahrradtour durch Erfurts Straßen auf. Wer die Aktion mit seiner Präsenz unterstützen will, soll am Donnerstag, 2. April, um 18.30 Uhr mit seinem Drahtesel zum Willy-Brandt-Platz kommen. Von dort aus startet dann die lockere Fahrt durch Erfurt. Die Organisatoren der Critical Mass rufen bereits fleißig im sozialen Netz dazu auf, dass möglichst viele Radfahrer an der Tour teilnehmen, um mit Nachdruck auf die Belange der Radfahrer aufmerksam zu machen.
Ein Lichtblick: Der Erfurter ADFC hat erst diese Woche einen neuen Bericht über die Radfahrer-Freundlichkeit der Stadt vorgestellt und eine Verbesserung im Hinblick auf den letzten Test vor fünf Jahren attestiert. Es tut sich also langsam etwas zugunsten der Fahrradfahrer.
Eine Antwort
Das „Platzproblem“ gibt es nicht nur in Erfurt. Warum sollte durch Versiegelung weiterer Flächen des ansonsten umweltfreundlichem und lebensfreundlichem Radverkehr der Natur durch diesen weiteren Schaden zufügt werden?
Ganz ganz langsam bemerken immer mehr Menschen das KFZ nicht nur den Platz zum Leben nehmen, sondern durch Feinstäube, Unfallfolgen (gilt auch für E-KFZ) und Abgase unseren Lebensraum ruinieren.
Die Lösung ist nicht der Bau weiterer Verkehrswege sondern die Umnutzung.