Was haben ein ehemaliges Großhandelskontor im Norden Erfurts und die erste Konzertreihe Thüringens, nach Monaten des Stillstands, miteinander zu tun? Nun auf den ersten Blick einmal nichts. Wer aber genauer hinschaut, wird entdecken, dass in den letzten Jahren in den alten Lagerhallen viel getan hat und ein neuer Raum für kreative und innovative Macher:innen entstanden ist. Und nicht nur das. Dem Erfurter Norden wurde ein moderner und urbaner Veranstaltungsstandort geschenkt, der es sich selbst zu Zeiten von Corona zur Aufgabe gemacht hat, die Erfurter mit Kultur zu versorgen. Ihr versteht immer noch nur Bahnhof? Dann lasst mich euch das Kontor Erfurt und die dort veranstaltete 20 ff Konzertreihe genauer vorstellen und wie mich mein Weg dorthin geführt hat.
Zurück zum Musikgenuss
Bedingt durch das böse C- Wort habe ich eines die letzten Monate besonders schmerzlich vermisst: Konzerte. Diese waren sonst fest in meiner Jahresplanung verankert, dieses Jahr sind sie mir jedoch, wie so vielen durch die weltweite Pandemie verwehrt worden. Umso verwundeter war ich, als ich vor ein paar Wochen beim täglichen Browsen auf Social Media Kanälen, auf eine Veranstaltungsreihe aufmerksam wurde, bei der sogar mir bekannte Namen wie Annett Louisan und Lilly among clouds fielen. So haben mich schließlich trotz des Corona- Wahnsinns die Konzerte wiedergefunden, ohne dass ich bewusst danach gesucht habe. Die 20 ff fast forward Reihe bot vom 1. Juli bis zum 19. Juli dem Erfurter Publikum jeden Tag ein:en andere:n Künstler:in. Und das alles unter Einhaltung der Corona Richtlinien, aber ohne den Spaß am Konzert und der Musik zu nehmen. Ich beschloss, mir die Sache genauer anzusehen und am letzten Konzerttag dem Kontor einen Besuch abzustatten. Aber ich interessierte mich nicht nur für die musikalische Unterhaltung, sondern auch für den Veranstaltungsort. Vom Kontor hatte ich schon ab und zu etwas gehört, konnte mir aber nichts Genaueres darunter vorstellen. Dort angekommen wurde ich gleich von Friedrich Göring, dem Projektmanager des Kontors in Empfang genommen. Friedrich erzählte mir dass bei der Sanierung, obwohl der Kontor nicht mehr die Funktionen eines Großhandelskontors erfüllte, viel vom alten Charakter des alten Gebäudes beibehalten wurde um dessen vielfältige Geschichte zu wahren.
Noch erhaltene Urban Art im Kontor Erfurt
On Tour im Kontor
So liefen wir auch durch einen großen Metallcontainer, der an ehemalige Handelszeiten erinnern soll, direkt in die Eingangshalle des Gebäudes. Der Kontor wurde im Jahre 1958 im Auftrag des Konsum- Bezirksverbandes Erfurt errichtet und war bis 1989 ein Logistikzentrum der Haushaltswaren Großhandelsgesellschaft (GHG). Doch mit der Wende musste die GHG und somit das Kontor schließen und das Gebäude stand über 25 Jahre leer. Über die Jahre verirrten sich höchstens noch ein paar urbane Künstler:innen in das leer stehende Gebäude. Bis dann schließlich das Potenzial des Gebäudes wiedererkannt wurde. 2017 startete die Sanierung des mittlerweile unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes. Und hier stehe ich nun im Jahr 2020 neben Friedrich in der größten Veranstaltungshalle des Gebäudes und bewundere das vollendete Werk. Die bunten Fenster der Halle, geben dem Raum eine ganz besondere Atmosphäre. Genauso wie die alten Feiler, welche die Halle stützen. Auf ihnen sind noch immer die Graffitis der urbanen Künstler zu sehen. „Auch das ist ein Teil der Geschichte des Kontors, auf die wir aufmerksam machen wollen und die im ganzen Gebäude noch zu sehen ist“ erklärt Friedrich. In der Halle selbst, können Events mit bis zu 500 Gästen stattfinden und auch die Konzerte der vergangenen Wochen wurden hier veranstaltet.

Von Gleisbettgärten und Großstadtgeflüster
Wir durchqueren die Halle und gehen nach draußen. Weil das Wetter mitspielt, findet das heutige Orgelkonzert von Cameron Carpenter unter freiem Himmel statt. Neben dem Eingang wurden Klappstühle (im richtigen Abstand versteht sich) aufgestellt. Auch auf dem noch vorhandenen Gleisbett, wo früher die Waren direkt beim Kontor abgeliefert wurden, sind ein paar Stühle mit kleinen Tischen verteilt. Es herrscht eine wunderbar sommerliche Atmosphäre. Friedrich erklärt mir, das geplant wird im Außenbereich auf dem Schienenbett eine Holzterasse zu verlegen. Ich werfe ein, dass das auch der perfekte Sommerspot für eine Bar wäre, ein neuer urbaner Treffpunkt für Erfurt. Friedrich nickt und erzählt, dass sie momentan auch einen Gastronom:innen suchen, der oder die Lust hat den Außenbereich zu bewirtschaften. Gleichzeitig soll dort auch eine Kantine für alle Unternehmen im Haus entstehen. Das geht also raus an die Erfurter Gastronomen, wer hat Bock? Das Gefühl, dass sich bei mir eingestellt hat, nachdem ich das Kontor betreten hatte, war nicht nur Bewunderung sondern auch, dass es sich im Kontor nicht mehr anfühlte, als sei man in Erfurt. Friedrich stimmte mir da zu:
Man vergisst hier schnell dass man im Norden Erfurts ist und nicht in einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg.
Friedrich Göring


Kollaboratives Arbeiten für Kreative und Unternehmer:innen
Mit dem Auto: Direkt vor dem Kontor sind genügend Parkplätze vorhanden.
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