DjÄ-Star Mirka Pigulla im Interview

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Text: Melanie Weigelt

Seit September 2014 wird die Vorabendserie “In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte” in Erfurt gedreht. In einem unserer Artikel haben wir euch bereits einige Drehorte vorgestellt. Nun konnten wir uns mit der Schauspielerin Mirka Pigulla unterhalten. Die 38-jährige Kölnerin spielt seit der ersten Staffel die Hauptrolle der Dr. Julia Berger, die sich von einer jungen Assistenzärztin zur selbstbewussten Oberärztin entwickelt hat. Im Interview gab uns Mirka Insights zu ihrer Rolle, ihrem Weg zur Schauspielerei und ihrer Beziehung zu Erfurt. Ob der Schauspielerin die Thüringer Landeshauptstadt besser gefällt als ihre Heimatstadt? Finde es selbst heraus! Viel Spaß beim Lesen!

Hallo Mirka, schön, dass du dir Zeit genommen hast. Würdest du für den Einstieg einmal deine Rolle, Julia Berger, in drei Worten beschreiben, für alle, die sie nicht so gut kennen? 

Mir fällt direkt zielstrebig ein, dazu herzlich und emotional. Ihre Emotionalität bringt sie aber häufig in Situationen, die sie hinterher wieder ausbügeln muss. 

Siehst du Gemeinsamkeiten und auch Unterschiede zwischen dir und Julia? 

Ja, ich sehe Gemeinsamkeiten, obwohl Julia total anders ist als die private Mirka. Ich versuche immer Teile von mir in Rollen wiederzufinden, damit ich mich besser reinfühlen kann. Ich bin, genau wie Julia, beruflich sehr zielstrebig und auch emotional. Aber Julia ist ganz anders aufgewachsen als ich. Meine Eltern haben noch studiert, als ich geboren wurde und mussten finanziell immer mal wieder etwas improvisieren. Julia dagegen ist die Tochter des Klinikleiters und mit viel Geld groß geworden. 

Gibt es eine Sache, die dich an Julia extrem nervt, wie bestimmte Handlungen oder Charaktereigenschaften? 

Sie hat ein bisschen was Spießiges. Aber dafür mag ich sie auch wieder. Sie kommt ja aus einem sehr guten Elternhaus und musste sich davon erstmal freikämpfen. Dabei glaube ich gar nicht, dass sie total verwöhnt ist. Aber natürlich ist man anders geprägt, wenn man sehr reich aufwächst, in dem Aspekt sind wir uns wahrscheinlich auch am fremdesten. Richtig nerven tut mich aber eigentlich nichts an ihr. Sonst könnte ich sie auch nicht so lange spielen. Als Schauspielerin, sehe ich mich immer als „Anwalt“ meiner Rolle. Selbst wenn sie scheiße baut, möchte ich zumindest nachvollziehen können, warum sie das gemacht hat und ihre Entscheidung verteidigen. Nur, wenn ich den Grund für die Handlungen einer Rolle verstehe, mich in sie hineinversetze, kann ich sie auch verkörpern.

Du hast gerade angesprochen, dass du bewusst nach Ähnlichkeiten zu deinen Rollen suchst. Wie viel Mitspracherecht hast du denn in der Rollenentwicklung von Julia? 

Ich spiele Julia ja inzwischen seit neun Jahren. Und ich glaube dadurch, dass ich das jetzt schon so lange mache, lassen sich die Autoren auch ein bisschen von uns als Menschen inspirieren und überlegen, was beim Spielen gut funktioniert und welche Farbe dem Charakter noch gegeben werden kann. Da hatte ich wohl indirekt einen Einfluss. Irgendwann habe ich dann aber auch angesprochen, dass ich mir eine Veränderung bei Julia wünschen würde. Wenn man eine Rolle über mehrere Jahre spielt, möchte man als Schauspielerin natürlich auch irgendwie gefordert werden. Es hat mich also gefreut, dass Julia durch diese Veränderungen, durch diese Krise, durch die sie gegangen ist, nochmal an Tiefe gewonnenhat. Dadurch kann ich neue Facetten spielen und habe innerhalb der Rolle mehr Handlungsmöglichkeiten. 

Hast du denn einen speziellen Wunsch für ihre Zukunft? 

Tatsächlich wünsche ich Julia und mir in diesem Fall das Gleiche: Wenn Julia viele interessante Geschichten erlebt, erlebe ich sie ja mit und darf sie spielen. Also wünsche ich mir einfach tolle Geschichten und etwas, was viel Spiel-Laune macht. 

Du freust dich über die gewonnene Tiefe in dem Charakter von Julia. Was denkst du denn, was junge Frauen von Julia lernen können?

Ich finde, dass Julia eine selbstbestimmte, durchsetzungsstarke Frau ist. Sie hat immer darauf geachtet, dass sie nicht von ihrem Vater, dem Klinikleiter, bevorzugt wird. Sie lässt sich von ihren männlichen Kollegen nicht mehr sagen als von allen anderen, deren Meinung ihr wichtig ist und lässt sich auch durch Schicksalsschläge nicht unterkriegen. Ich glaube, schon dadurch ist sie ein Vorbild. Man könnte meinen, es wäre nicht mehr nötig darüber zu sprechen, dass in der Gesellschaft Unterschiede zwischen Männern und Frauen gemacht werden – Egal ob in alltäglichen Situationen oder am Arbeitsplatz. Aber soweit sind wir leider noch nicht. Wir wurden so lange dahingehend sozialisiert, dass Männern häufig immer noch mehr zugetraut wird als Frauen. Darauf hat sich Julia, glaube ich, einfach nie eingelassen. 

Foto: Frederik Löwer

Du sagtest schon, dass du durch die Veränderung von Julia hast du in der Darstellung neue Facetten dazu gewonnen. Gibt es denn Emotionen, die du am liebsten spielst?

Ich freue mich immer, wenn ich eine starke Emotion spielen darf und es nicht immer nur das nette Sonnenschein-Lächeln ist, das natürlich auch irgendwie zu Julia gehört. Starke Emotionen spiele ich einfach sehr gerne. Aber da gibt es keine, die ich herausstellen würde. 

Gibt es eine Folge, die du besonders gerne magst?

Ich mag es besonders, wenn Julia aktiv ist. Zum Beispiel hat sie in einer Folge mal jemandem eine runtergehauen. Das hat auch mit dem Kollegen damals total viel Spaß gemacht, zu drehen. Und auch alle Szenen mit Moreau. Ich mag es, wenn es beim Spielen einen Widerstand gibt, an dem man sich abarbeiten muss und nicht nur alles nach dem 0815 Schema läuft. Wenn z.B. eine Rolle so über die Stränge schlägt, dass es wieder ausgebügelt werden muss, das macht mir immer Spaß. Das sind die Folgen, die ich am liebsten spiele und auch am liebsten anschaue.

Würdest du vor dem Hintergrund denn gerne einmal einen Charakter darstellen, der sehr konträr zu Julia ist? 

Ja, absolut. So sehr ich Julia auch liebe und dankbar bin, dass ich das seit neun Jahren machen darf, sage ich immer: „Ich bin ja nicht Schauspielerin geworden, um zwischen zwei Persönlichkeiten zu wechseln: meiner privaten als Mirka und der von Julia.“ Ich möchte am liebsten total viel ausprobieren, um einfach nochmal andere Facetten zeigen zu können. Ich bin immer dankbar, wenn Regisseure, Caster oder Redakteure mutig sind und mich nicht nur danach besetzen, was sie sowieso wöchentlich von mir sehen, sondern mir zutrauen, dass ich auch etwas ganz Anderes spielen kann. 

Hast du dafür eine direkte Vorstellung?

Ich finde jeden Charakter toll, bei dem man ein bisschen mehr auf die Suche nach seinen Beweggründen gehen muss.  

Kommen wir einmal zu deinem Weg als Schauspielerin: Wann hattest du das erste Mal bewusst den Gedanken, dass du Schauspielerin werden möchtest? 

An den „ersten Gedanken“ kann ich mich gar nicht richtig erinnern, weil ich schon immer wusste, was ich werden wollte. Kurz vor dem Abitur kam aber dennoch ein Moment, in dem ich überprüfen musste, ob ich diesen Beruf ausüben will, so wie er wirklich ist – auch mit allen möglichen Schattenseiten, die auftreten können. Ich wollte. Bis jetzt habe ich es kein einziges Mal bereut und konnte auch ohne Unterbrechungen immer in diesem Beruf arbeiten. Das ist nicht selbstverständlich und dafür bin ich sehr dankbar. 

Was wäre denn die Alternative gewesen? 

Es gibt viele Dinge, die mich interessieren. Wie z.B. Psychologie und alles was mit Menschen zu tun hat, also soziale Bereiche. Meine ganze Familie übt soziale Berufe aus. Da habe ich natürlich auch das Gefühl, dass ich der Gesellschaft irgendwie etwas zurückgeben möchte. Das versuche ich –  wenn auch auf eine andere Weise. Ich hatte nie einen offiziellen Plan B. Auch, wenn ich an mehreren Schauspielschulen vorsprechen musste, bis ich nach einiger Zeit an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover angenommen wurde. Ich wusste immer, dass ich Schauspielerin sein möchte. In irgendeiner Form. Wenn man fühlt, dass man etwas unbedingt machen will, dann muss man in der Umsetzung manchmal flexibel sein. Ich habe gespürt, dass es das Richtige ist und mich auf nichts Anderes eingelassen. 

Bei welchen Menschen würdest du direkt sagen, dass sie dich auf deinem Weg zur Schauspielerin immer unterstützt haben und dich dazu inspirieren deinen Weg zu gehen?

Auf dem Weg zur Schauspielerin hatte ich viel Unterstützung von meiner Familie, meinen Eltern und meiner Schwester. Sie haben immer an mich geglaubt und mich auch ermutigt, meinem Herzensweg zu folgen. Ihnen verdanke ich viel! Ansonsten inspirieren mich tatsächlich ganz oft Leute, die mir im Alltag begegnen – Freunde und Freundinnen, die ich dafür bewundere, wie sie ihre Wege gehen. Das sind irgendwie ganz viele Einzelpersonen und auch Einzelsituationen. Wenn ich eine Person beobachte und denke, dass sie in der Situation toll reagiert, dann nehme ich das auch mit auf meinen Weg. 

Als Schauspielerin inspirierst du ja auch sehr viele Mädchen und junge Frauen. Welchen Rat gibst du ihnen, um ihren eigenen Weg zu finden?

Man geht immer davon aus, dass Mut ein Zustand ist, in dem man gar keine Angst mehr hat und sich alles automatisch traut. Ich glaube, dass Mut genau das Gegenteil ist. Ich habe so viel Angst in meinem Leben gehabt, dass irgendwas nicht klappt, bin trotzdem dran geblieben und habe jeden Tag versucht, diese Ängste zu überwinden. Daran arbeite ich immer noch und das hört wahrscheinlich auch nie auf. Aber es wird leichter. Das ist etwas, was ich jungen Frauen gerne mitgeben würde: Es geht gar nicht darum, angstfrei zu sein, sondern diese Angst immer ein bisschen weiter zu überwinden und sich etwas zuzutrauen. Das ist mit Übung verbunden und mit vielen kleinen Schritten. Ich bin davon überzeugt, dass man im Körper oder im Herzen spürt, was richtig für einen ist und diese Stimme, diese innere Wahrheit, wie ich sie nenne, ist wichtiger als alles, was man von außen gesagt bekommt. Man muss nur wieder lernen, dieser Stimme auch zuzuhören. Ich glaube, dann hat man ganz viel Weisheit in sich.

Foto: Frederik Löwer

Da du mittlerweile schon seit neun Jahren in Erfurt drehst, würde es uns natürlich interessieren, was dir an der Stadt besonders gut gefällt. Vielleicht gibt es ja sogar etwas, was du hier besser als in deiner Heimatstadt Köln findest?

Beide Städte sind so unterschiedlich und haben unterschiedliche Vorzüge, dass ich gar keinen richtigen Vergleich ziehen kann. Was ich aber in Erfurt total schön finde ist, dass man in der Innenstadt eigentlich überall zu Fuß hinlaufen kann. In Köln laufe ich zwar auch viel zu Fuß, aber in Erfurt ist ja alles nur einen Katzensprung voneinander entfernt. Alles ist ein bisschen kleiner. Das gefällt mir richtig gut. Gerade im Sommer freue ich mich, wenn die Leute auf den Straßen sitzen und in den Cafés das Leben tobt. Dann habe ich manchmal das Gefühl, im Urlaub zu sein, obwohl ich zum Arbeiten hier bin. 

Welchen Ort findest du in Erfurt besonders schön? 

Ich gehe gerne durch die Altstadt, alles um die Krämerbrücke herum, mit dem Wasser, wo man die Enten beobachten kann. Selbst wenn man nur kurz vorbeikommt, kann man dort mal kurz innehalten. Da ist immer so eine schöne Stimmung. 

Gibt es etwas, was du mit Erfurt verbindest oder hast du ein bestimmtes Gefühl?

Natürlich verbinde ich mit Erfurt meinen Job. Aber ich habe der Stadt auch viel zu verdanken. Vor neun Jahren sind wir hier ins Studio gegangen und da hat alles angefangen. Deswegen bin ich dankbar, wenn ich an Erfurt denke. 

Du hast gerade die Dreharbeiten in Erfurt angesprochen. Hast du in dieser Zeit einen besonders schönen Moment erlebt, den du herausstellen möchtest?

Es haben sich in den neun Jahren so viele schöne Momente angesammelt. Ich glaube, da kann ich so genau gar keinen herausstellen. Ich freue mich einfach, das Team und die Kollegen zu sehen. Jeden Tag schenken mir die tollen Menschen, mit denen ich arbeite schöne Momente. Besonders in den Mittagspausen, wenn wir alle zusammen sitzen, ist es sehr schön.

Die Fans der “jungen Ärzte” sind dir sicher auch sehr dankbar für jeden Moment, den du erschaffen hast. Vielen Dank für dieses schöne Interview, Mirka.

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Eine Antwort

  1. Ein wundervolles Interview. So toll, das ihr euch Mirka zum Interview geladen habt und so ein schönes langes Interview geführt habt. Mit vielen tollen Fragen. Danke dafür. 🥰

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