Eine Ära geht zu Ende? Das Grundstück des Stadtnaturgartens „Lagune“ steht zum Verkauf

Eine Ära geht zu Ende? Das Grundstück des Stadtnaturgartens „Lagune“ steht zum Verkauf

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Nachdem ich Anfang des Jahres in die Krämpfervorstadt gezogen war und mich irgendwann schweren Herzens von meinem altvertrauten Netto lösen konnte, entdeckte ich auf Nahrungssuche im neuen Viertel ziemlich schnell die Lagune. Damals wusste ich natürlich noch nicht, dass dieser zugewilderte Garten in der Werner-Uhlworm-Straße so heißt oder was überhaupt hinter dem Namen und dem üppigen Blattwerk steckt.

Jetzt – ein halbes Jahr später – habe ich endlich den Blick über den grünen Zaun gewagt und weiß, dass sich hier über etwa 2000 Quadratmeter ein Stadtnaturgarten erstreckt. Bis auf einige Hochbeete, die von den Anwohnern der Krämpfervorstadt bepflanzt werden dürfen, wächst hier alles kreuz und quer in einem (stadtverhältnismäßig) riesigen Biotop. Jede Pflanze, jedes Tier und jeder Mensch ist herzlich willkommen. Vielleicht kannst du dir vorstellen, wie sehr mein kleines Hippieherz getanzt hat, so etwas in der eigenen Nachbarschaft zu entdecken. „Das muss auf den Blog“, war mein nächster Gedanke…

Und jetzt rate mal – nachdem diese grüne Oase seit 2006 existiert, soll sie ausgerechnet diesen Monat verkauft werden.

Tatsächlich haben die Lagunauten für zwölf Jahre immer mit dieser Gefahr gelebt und gerechnet. Es war schon beinahe Teil des Mottos, dass dieses Projekt ein Temporäres sein würde. Das Grundstück wurde von der Stadt Erfurt gepachtet und dem guten Zweck frei zur Verfügung gestellt. Derzeit steht es jedoch zum Verkauf und es laufen aktive Verhandlungen, um die Lagune zu erhalten. Denn: Kompostklo, Lehmofen, Hochbeete, Bühne und Bar lassen sich dann doch nicht so ohne Weiteres auf ein neues Grundstück verlegen (das darüber hinaus auch erst noch gefunden werden müsste).

Die letzten Tage in der Lagune genießen: Veranstaltungen im September & Oktober

Zwei Monate Aufschub hat die Lagune vorerst bekommen. Das heißt für dich und mich: Nochmal alles mitnehmen, was geht. Hier also alle Veranstaltungen, die bis zur Schließung stattfinden:

🌻 Café Dunkelgrün, jeden Dienstag ab 15.30 Uhr
Laut Frank Mittelstädt (eines der Lagunauten-Oberhäupter) ein wöchentlicher Anlass zum „subversiven Zusammenfinden“, aus dem stadtbekannte Initiativen wie das Projekt „Essbare Stadt Erfurt“, der Nachhaltige Adventsmarkt in der Barfüßerkirche oder das Stadtteilfest „KRÄMPF fresh“ hervorgingen.
Sollte die Lagune durch ihren riesigen Berg Karma-Punkte bestehen bleiben, werden übrigens immer neue Lagunauten gesucht, um das Café Dunkelgrün vielleicht mehrmals die Woche öffnen zu können (kleiner Aufruf an dich an dieser Stelle 👉).

🌻 50. Repair Café am 08. September 2018 um 14 Uhr
Neben dem Reparieren kaputter Dinge, das ursprünglich mal im Vordergrund stand, bedeutet Repair Café mittlerweile und explizit diesen Samstag auch: Workshops, Basteln, Kinder-Yoga, Sach- und Dingtausch, Gärtner*innenbörse, Musik am Lagerfeuer und Mitbringbuffet. Schmeiß also deine kaputten Sachen, tauschwürdige Klamotten, ein paar Pflanzen und dein Lieblingsessen in deinen Rucksack und genieße mit vielen anderen gemeinsam die vielleicht letzte Veranstaltung in der Lagune.

🌻 Abschlussparty?
Auch in diesem Jahr wird die Saison mit dem Lagune-typischen Stadt-Natur-Kultur-Mix beendet. Genaueres wird noch nicht verraten, aber die Planungen laufen und es wird „irgendwas mit Leben“, so viel darf ich schon sagen. Ich halte dich in jedem Falle auf dem Laufenden.

„Unsere große Vision ist ein nachhaltiges und erfülltes Leben in der Stadt mit Freunden in fruchtbaren Gärten“

Ein Stück weit haben die bis zu 20 aktiven Mitglieder ihren Traum auf dem Gelände einer ehemaligen KFZ-Werkstatt verwirklicht. Die Stadt als Lebensraum sei zwar interessant und aufregend, aber auch anonym und die Natur bleibe sowieso auf der Strecke. In der Blumenstadt Erfurt gelte das zwar nur begrenzt, aber dennoch sei die Natur hier so gezähmt. Dafür herrscht in der Lagune reiner Wildwuchs. Der Rasenmäher kommt nur selten zum Einsatz und fest angelegte Wege gibt es nicht. Stattdessen schlängeln sich kurvige Trampelpfade durch das Gelände, die eher der menschlichen Natur entsprechen als strikte 90° Winkel.

Es sollte einfach das Beste aus Stadt und Natur zusammenfinden, woraus letztendlich ein unkommerzieller Raum für Kreativität, Kultur, Spaß und nicht zuletzt Bildung in Sachen Umwelt- und Naturschutz erwachsen ist.

In den vergangenen zwölf Jahren war auf der kleinen Bühne Platz für Poetry Slams, Konzerte, Lesungen und Kinoabende. Weitaus anwohnerfreundlicher als die Techno-Partys, die leider gleich in der Anfangszeit wieder Geschichte wurden, sind die Hochbeete, die gegen ein bisschen Mithilfe oder eine kleine Spende mit Kräutern, Sonnenblumen, Kürbissen, Paprika oder Erdbeeren bepflanzt werden konnten. Dafür schütteten die Lagunauten mit Schubkarren bewaffnet fünf Tonnen Kies auf, um zu zeigen, dass auch auf ehemaligem Industriegelände Nahrung angebaut werden kann.

Die Lagunauten sind in Anbetracht des voraussichtlichen Verkaufs vor allem eins: Dankbar. Dankbar gegenüber dem Grundstücksbesitzer, der sie so viele Jahre gewähren lassen hat und dankbar gegenüber der Stadt Erfurt, die finanziell dafür aufkam und sich auch jetzt noch für die Lagune einsetzt.


Liebste Grüße

Elisa

 

Fotos: Elisa Donatt | Feels like Erfurt