Erfurter im Interview: Andreas von Local Times

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Journalismus in Thüringen, das sind nur TA, TLZ und OTZ? Nicht, wenn es nach Andreas Kehrer geht. Er ist einer der Gründer von Local Times Erfurt, einem Online-Medium, das sich dem Blog-Journalismus verschrieben hat. Das Ziel von Local Times: Neue Perspektiven aufzeigen und der eingestaubten Medien-Landschaft von Thüringen frischen Wind verleihen. Ob das Andreas und seinen Mitstreitern gelingt? Das muss jeder für sich herausfinden. Ich habe den ambitionierten Journalisten getroffen und den Spieß mal umgedreht: Er musste die Fragen nicht stellen, sondern sie beantworten. Was dabei rausgekommen ist, könnt ihr hier nachlesen.

 

Hallo Andreas, erzähle doch erst einmal, wer du bist.

Ich bin Andreas, 29 Jahre alt, komme ursprünglich aus Cottbus und wohne seit 2006 in Erfurt. Ich bin damals zum Studieren hier hergekommen und habe mich in die Stadt verliebt.

 

… und dachtest dir dann: „Hey, Erfurt braucht unbedingt ein Online-Medium wie Local Times!“?

Naja, die Idee dafür kam mir eigentlich erst recht spät. Ich arbeite schon länger ehrenamtlich bei Radio F.R.E.I. Dabei ist mir aufgefallen, dass Lokaljournalismus eigentlich voll mein Ding ist. Es macht Spaß, weil man darüber die Stadt unheimlich gut kennenlernt und viele Leute trifft, die oftmals spannende Sachen zu erzählen haben. Beim Radio fand ich immer sehr schade, dass die Beiträge, die ja sehr aufwändig produziert werden, ziemlich schnell versendet sind. So kam mir schließlich die Idee für Local Times, ein Online-Medium, das Lokaljournalismus für junge, internetaffine Leute macht.

 

Was ist deiner Meinung nach der größte Unterschied von Local Times zu anderen Medien in Thüringen?

Hier in Thüringen gibt es eine große Verlagsgruppe, die alles abdeckt und auch sehr einseitig berichtet, wie ich finde. Außerdem ist alles sehr konservativ. Man findet kaum etwas über Subkulturen oder mal eine alternative Herangehensweise. Die Beiträge sind – so kommt es mir zumindest vor – immer nach einer Art Baukasten-Schema aufgebaut. Das finde ich ziemlich schade. Der Journalismus von Local Times versucht, der ganzen Sache einen neuen Anstrich zu geben. Wir ziehen die Grenzen von Journalismus einfach nicht zu eng und verstehen uns selbst nicht als reines Nachrichten-Portal, das immer tagesaktuell berichtet. Wir versuchen eher magazinartig über verschiedene Geschehnisse in Erfurt zu berichten.

 

Du sagst immer „wir“ oder „uns“. Wer ist noch alles Local Times?

Insgesamt sind wir zu dritt: Armin, Franziska und ich. Dazu kommen noch verschiedene Gastautoren (zum Beispiel ich, Anm. d. R.). Das Projekt ist aus unserer Freundschaft heraus als Hobby entstanden. Natürlich wäre es schön, wenn daraus irgendwann mal ein Beruf wird.

 

Hat jeder von euch sein festes Ressort oder teilt ihr die Themen immer „high life“ auf?

Grundsätzlich ist es so, dass jeder über das schreiben soll, was ihn gerade interessiert und was er für relevant hält. Auf diese Weise gehen wir mit viel Leidenschaft an die Sache heran. Das ist auch so ein Punkt, der uns von den anderen Medien unterscheidet. Dort ist es ja meist so, dass der Journalist über das schreiben muss, was ihm der Redaktionsleiter vorgibt – auch wenn er darauf gar keinen Bock hat.

 

Wie kann man sich die Organisation von Local Times vorstellen?

Wir haben zwei Redaktionssitzungen in der Woche. Da es sich bei Local Times aber immer noch um ein Hobby handelt, gibt es keine strengen Regeln. Jeder von uns hat ja auch noch andere Sachen nebenher zu tun. Deswegen können wir auch nicht immer tagesaktuell sein.

 

Für die Leser, die Local Times noch gar nicht kennen: Welche Themen werden bei euch aufgegriffen?

Unsere Themen unterteilen sich in verschiedene Rubriken: Stadtpolitik, Campus – also alles rund um das Unileben, Kultur und Stadtleben, eine relativ allgemeine Rubrik. Derzeit sind wir sehr politisch, einfach weil in dem Bereich gerade viel in Erfurt los ist.

 

Das trifft sich gut, ich wollte nämlich als nächstes fragen, ob es ein Thema gibt, das euch besonders beschäftigt.

Ja, seit dem letzten Sommer ist das die Flüchtlingskrise mit allem, was dazugehört. Wir behandeln das Thema gern, weil es schnell Missverständnisse hervorruft, die wir vermeiden wollen. Local Times schreibt es sich außerdem auch auf die Fahne, keinen neutralen Journalismus zu betreiben, sondern sich klar zu positionieren. Dabei ist es uns aber auch immer wichtig, niemals Fakten zu verfälschen.

 

Welche Position ist das?

Links der Mitte, aber vom linken Rand entfernt. Uns ist es wichtig, dass es eine starke Zivilgesellschaft gibt. Deswegen finden wir es gut, dass es so Initiativen wie Auf die Plätze fertig: Mittwoch oder Mitmenschlichkeit gibt.

 

Warum braucht Erfurt ein Medium wie Local Times?

Wir bieten eine journalistische Vielfalt und vor allem auch eine journalistische Alternative für Erfurt und Umgebung. Ich denke, das ist immer wertvoll. Wir leben in einer Welt, in der ganz viele Leute ganz viele verschiedene Ansichten haben – warum sollten also immer nur die einen darüber schreiben?

 

Was macht Erfurt in deinen Augen aus?

Die Stadt hat einfach sehr viel zu bieten – was ich jetzt, da ich darüber recherchiere, noch viel öfter feststelle. Es ist der Wahnsinn, was hier alles passiert und ich denke, dass der Prozess noch lange nicht abgeschlossen ist.

 

Das ist ein gutes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch

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