Oh Erfurt, damit hast du mich kleines Landei letztens echt gekriegt!
Ich meine, wie schön kann ein Ort, wie vollkommen ein Moment eigentlich sein? Und dann auf einmal hat man sogar das Gefühl, dass die Welt für einen Wimpernschlag die Luft anhält. Allein die Erinnerung daran ist atemberaubend.
Wovon ich hier so poetisch schwärme? Von der Schwedenschanze, einem meiner neuen Lieblingsorte in Erfurt, die es vor zwei Wochen geschafft hat, mich komplett vom Hocker zu reißen. So schockverliebt war ich lang nicht mehr. Doch von vorn…
Die Schwedenschanze, das ist eine alte Kirschbaumplantage direkt am Binderlebener Flughafen und meiner Meinung nach die ideale Oase für ein sommerliches Picknick. Also schnell ein paar Brötchen beim Lieblingsbäcker und diverse Leckereien vom Feinkosthändler holen und mit dem Rad ab ins Grüne. Ich verspreche dir, du wirst es nicht bereuen.
Allgemein kann ich die Anreise mit dem Fahrrad sehr empfehlen. Das ist zwar recht anstrengend, aber wenn du dann eh einmal am Stadtrand bist, kannst du von hier aus noch eine schöne Tour, beispielsweise nach Marbach oder hoch zum Maislabyrinth, starten. Oder du planst die Strecke so, dass die Schwedenschanze dein Ziel ist, das ist wahrscheinlich noch besser…
Kirschen und andere Köstlichkeiten
Der Freund und ich hatten großes Glück. Bei unserem Besuch hingen die unzähligen Bäume der Schwedenschanze noch voller Kirschen – von Purpurrot bis Tiefschwanz, von winzig klein bis richtig prall. Ich habe noch nie so viele verschiedene Kirschsorten an einem Ort gesehen – eine Besonderheit, die den Reiz solcher Streuobstwiesen definitiv ausmacht.
Doch auch wenn sich die Erntezeit nun langsam dem Ende entgegen neigt, besteht kein Grund, traurig zu sein. Die Schwedenschanze hält nicht nur Kirschen für dich bereit, sondern auch ein paar Apfelbäume, Walnüsse (Pro-Tipp von mir: Bloß nicht ohne Handschuhe sammeln, die färben ab!) und jeeeeeeede Menge Brombeeren. Es dürfte sich also auch zu einem späteren Zeitpunkt noch lohnen, diesem wunderschönen Fleckchen in Erfurt einen Besuch abzustatten.
Aber ist das eigentlich erlaubt, fragst du dich jetzt vielleicht. Darf man da einfach so hin und sich die Taschen voll pflücken? In Deutschland wurde der Strafdelikt „Mundraub“ 1975 abgeschafft. Seitdem ist es erlaubt, beispielsweise auf Streuobstwiesen Früchte für den Eigenverzehr zu pflücken – vorausgesetzt, das Gebiet ist nicht eingezäunt oder anderweitig als Eigentum eines anderen ausgewiesen. Ebenfalls untersagt: Das Ernten zu gewerblichen Zwecken. Wenn du jetzt also raus zur Schwedenschanze fährst, alles pflückst, was essbar aussieht und es morgen auf dem Erfurter Wochenmarkt verkauft, ist das nicht unbedingt cool. Doch gegen ein Eimerchen voll Kirschen oder Brombeeren wird niemand etwas sagen.
Mein Tipp: Auf der Seite mundraub.org kannst du ganz einfach herausfinden, wo es in deiner Nähe weitere Bezugsquellen für Früchte, Nüsse, Kräuter und mehr gibt. Sehr interessant und empfehlenswert – und wenn du selbst einen guten Mundraub-Ort kennst, kannst du ihn gern in der Karte eintragen und so mit anderen teilen.
Warum heißt die Schwedenschanze Schwedenschanze?
Bleibt zum Schluss eigentlich nur noch eine Frage offen: Woher hat die Schwedenschanze ihren eigentümlichen Namen?
Das ist überraschend schnell erklärt: Die Schwedenschanze diente den Schweden zwischen 1631 und 1650, also während ihrer Besatzungszeit in Erfurt, als Stützpunkt. Auch später wurde das Gebiet militärisch genutzt, doch davon ist heute nichts mehr zu spüren. Kaum vorzustellen, das von hier aus die Geschosse abgefeuert wurden, die den Domplatz „erschaffen“ haben. (Danke für diesen „Funfact“, lieber Ulrich.)
Heute ist die Schwedenschanze ein Ort der Ruhe und des Friedens. An dem die Abendsonne golden durch das hohe Gras blinzelt, an dem man auch schon mal ein Reh zu Gesicht bekommt, an dem man tief durchatmen und Kraft tanken kann. Und wenn dann auch noch ein Flugzeug ganz tief im Landeanflug über einen hinweg rauscht, dann ist das zwar ohrenbetäubend laut, aber irgendwie auch etwas ganz Besonderes.
Dieser Ort strahlt Magie aus und ich werde definitiv wiederkommen – spätestens wenn die Brombeeren reif sind.
Liebste Grüße,
Jessi
Fotos: Jessika Fichtel | Feels like Erfurt
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