Es ist schon eine Weile her, da habe ich in meinen sozialen Netzwerken gefragt, was die Leute mit Erfurt verbinden. Ziel meiner kleinen, nicht repräsentativen Umfrage war es, eine Art Außensicht auf die Stadt zu bekommen – objektiv, unbefangen und neutral, dafür aber zweifelsfrei auch vorurteil- und klischeebehaftet.
Mit Städte-Klischees kenne ich mich aus. Ich habe viele Jahre in Magdeburg gewohnt, einer Stadt, die von den meisten nur mit hässlichen Plattenbauten aus Zonen-Zeiten und Nazis in Verbindung gebracht wird. Nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass die Landeshauptstadt (!) von Sachsen-Anhalt noch mehr zu bieten hat, wurde ich eine Art Missionarin, die ihre Botschaft daheim in Thüringen verbreitet hat: Magdeburg – das ist ein prächtiger Dom, ein wundervolles Hundertwasserhaus, viel Grün, eine aufstrebende Subkultur-Szene und natürlich die alles belebende Elbe, die sich wie ein lichtdurchfluteter Korridor durch die Stadt schneidet.
Was ich damit sagen will? Nicht alles, was du (über eine Stadt) hörst, entspricht auch der Wahrheit. Viele Klischees und Vorurteile sind im Stille-Post-Prinzip entstanden und alles andere als stellvertretend. Jan Böhmermann hat in seiner letzten Sendung den herrlichen Begriff „postfaktisch“ etabliert. Auch wenn der Kontext ein ganz anderer war, lässt sich das Wort ziemlich gut auf meine Ausführungen übertragen: Wenn es um das Image einer Stadt geht, lassen wir Fakten (beziehungsweise eigene Erlebnisse und Erfahrungen) hinter uns. Stattdessen glauben wir das, was wir glauben wollen. Ist sowieso viel leichter als das mühsame Recherchieren und Rezipieren vertrauensvoller Quellen. In die Stadt, um die es geht, reisen und sich ein eigenes Bild machen? Vollkommen undenkbar! Würde ja viel zu viel Zeit (und Geld) kosten.
Erfurt: Die Stadt zwischen Bratwurst und einem sprechenden Brot
Doch kommen wir noch einmal zurück zu meiner kleinen Erfurt-Umfrage. Die wohl häufigste Antwort war: „Puh… Erfurt… dazu fällt mir spontan gar nichts ein.“ Schon ein bisschen traurig, oder? Aber keine Panik, es gibt durchaus auch Menschen, die mit Erfurt etwas verbinden. An vorderster Front stehen natürlich die Krämerbrücke und der Erfurter Dom – zwei Bauwerke, auf die wir wirklich stolz sein können. Auch der Kinderkanal (speziell: Bernd das Brot), die ega, ein familienfreundliches Umfeld und die Thüringer Rostbratwurst gelten in Rest-Deutschland als Erfurter Repräsentanten. Einen Beitrag, den ich besonders schön fand, möchte ich gern hier mit dir teilen:
„Ich als Norddeutsche habe mit Erfurt eigentlich nur den Kinderkanal verbunden. Ansonsten hatte ich keine wirkliche Vorstellung und dachte eigentlich, dass es keine besondere und auch nicht so schöne Stadt ist. Aber jetzt, wo ich da war, war ich extrem positiv überrascht und habe gesehen, dass dem überhaupt nicht so ist.“
Jetzt mal im Ernst, da geht einem doch echt ein bisschen das Herz auf, oder? Zu fragen, was Nicht-Erfurter mit Erfurt verbinden, hat mir letztendlich zwei Dinge aufgezeigt:
- Nicht nur Menschen, auch Städte müssen mit Vorurteilen kämpfen.
- Ich habe noch eine ganze Menge zu tun, wenn ich will, dass jeder weiß, wie toll und wundervoll Erfurt ist.
Ein Ergebnis, das einerseits zum Nach- und Umdenken anregt und andererseits anspornt. Vielleicht hast du ja Lust, mich in meinem Vorhaben zu unterstützen und in die Welt zu posaunen, wie toll Erfurt ist. Ein Beitrag, der vor diesem Hintergrund hohe Wellen geschlagen und es geschafft hat, in der örtlichen Lokalzeitung thematisiert zu werden, ist die „Liebeserklärung an die schönste Stadt der Welt“, die du auf dem Reise- und Fotografieblog 22places nachlesen kannst.
Ebenfalls ziemlich gelungen und auch medienwirksam ist dieser Video-Beitrag vom Italiener und Wahl-Erfurter Dung Ho:
Ich will damit nicht sagen, dass jetzt jeder von uns losrennen und ein Erfurt-Video drehen soll. Ich finde Beiträge dieser Art überaus wichtig, doch mindestens genauso wichtig ist die Missionars-Arbeit, die im kleinen geleistet wird. So wie ich es damals mit Magdeburg gemacht habe, kannst du es auch mit Erfurt machen.
Liebste Grüße,
Jessi
Foto: © Jessika Fichtel | Feels like Erfurt
2 Antworten
Liebe Jessi,
ich finde es großartig,dass du dich für Erfurt engagierst.
Ich bin gebürtige Erfirterin,inzwischen eine fidele Oma,
die gern bei deiner Initiative mittun würde.
Seit meinem Ruhestand ,tue ich gern die Dinge,die mir Spaß machen,
dazu gehört es u.a. eine montaliche kleine Sendung im Radio FREI zu moderieren.
Vielleicht könnten wir ein Stück gemeinsamen Weges finden,mir geht es genau wie dir,um Erfurt !!!!
Mit freundlichen Grüßen
K.Carl
Hallo liebe Katrin,
ganz, ganz herzlichen Dank für deinen lieben Kommentar. Das klingt wirklich großartig.
Viele liebe Grüße,
Jessi