Es ist höchste Zeit für einen Tapetenwechsel in Erfurt

Es ist höchste Zeit für einen Tapetenwechsel in Erfurt

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Über die sozio-kulturelle Lage in Erfurt wurde in den vergangenen Wochen und Monaten viel diskutiert. Es wurde gestritten, gestrichen und effektvoll demonstriert. Für mehr kulturelle Vielfalt und gegen den systematischen Abbau der städtischen Angebote. Und tatsächlich – es scheint so, als wären Hopfen und Malz noch nicht vollkommen verloren. Der KulturQuartier e.V. putzt das Alte Schauspielhaus wieder heraus (Lese-Tipp: Januar-Ausgabe vom hEFt, ab Seite 5), der Zughafen floriert, die Saline 34 besteht weiterhin als „kultureller Leuchtturm“ in Erfurts Norden und auch im Stadtteil Herrenberg wird man nun aktiv. Das Leipziger Veranstaltungsformat tapetenwechsel bringt hier verschiedene Facetten der Kunst auf die kleinsten Bühnen, die es gibt: Wohnungen.


Tina und Malena, die beiden „Erfinderinnen“ vom tapetenwechsel haben schon eine ganze Weile davon geträumt, das Format aus Leipzig auch in anderen Städten zu etablieren. Glücklicherweise haben sie für dieses Vorhaben ziemlich schnell Erfurt ins Auge gefasst. Einer Kooperation mit dem Verein Plattform e.V. ist es zu verdanken, dass die erste Veranstaltung schon am 19. Februar stattfinden kann. Diese wird autark von einem lokalen Team organisiert, um zu gewährleisten, dass der Erfurter tapetenwechsel zwar dem Leipziger ähnelt, aber dennoch auch seinen eigenen Touch hat. 

1 Abend. 3 Wohnungen. 3 KünstlerInnen. 3 MusikerInnen.

Das große Ziel vom tapetenwechsel ist es, Kunst und Kultur auch fernab der üblichen Orte erlebbar zu machen. Also nicht wie sonst auf großen Bühnen oder in Museen, sondern (im Fall des Leipziger Tapetenwechsels) in Privat-Wohnungen. Für Erfurt wurde das Konzept erst einmal ein wenig abgeändert. Die Veranstaltung findet ebenfalls in drei Wohnungen statt. Diese werden jedoch aktuell nicht vermietet, sondern stehen leer. Tina verriet mir: „Dafür konnten wir zwei Wohnungsbaugenossenschaften als Partner gewinnen, die uns die Wohnungen zur Verfügung stellen. Langfristig ist es gut möglich, dass der tapetenwechsel in Erfurt aber auch in Privatwohnungen zurückkehrt.“ Also: Freiwillige vor :) 

Doch wozu das Ganze? Ist es nicht viel einfacher, Musiker, Künstler und Zuschauer in einer Bar oder anderen Location zusammenzubringen? Sicherlich, doch Tina und Malena haben einen Wunsch: Sie wollen Kunst und Kultur dorthin zurückholen, wo sie häufig entstehen: Im alltäglichen  Leben  und  dem  vertrauten  Wohnumfeld. Weitere positive Nebeneffekte dieser Herangehensweise: Die Distanz zwischen Künstler und Publikum wird radikal verringert und die Veranstaltung ist für nahezu jeden erschwinglich. (Der Eintritt ist kostenlos, um Spenden für die Künstler wird gebeten.)

Wie läuft der tapetenwechsel ab?

Der tapetenwechsel ist keine Kulturveranstaltung im herkömmlichen Sinne. In jeder Wohnung wird es je drei gleiche Musik-Sets und interaktive Kunst-Performances geben. Du als Zuschauer wirst die Gelegenheit haben, jeder Location (alle liegen nah beieinander und können zu Fuß abgeklappert werden) einen Besuch abzustatten und insgesamt sechs kulturelle Darbietungen zu erleben. Auf diese Weise entsteht – du kannst es dir sicher schon denken – eine einzigartige Dynamik, die auch den Namen der Veranstaltung endgültig erklären dürfte. 

Übrigens: Zwischen den Sets ist nicht nur genug Zeit für den Fußmarsch zur nächsten Wohnung, sondern auch für einen kleinen Plausch mit den Künstler. Du musst den Ort des Geschehens also nicht fluchtartig verlassen, um nicht zu spät zur nächsten Session zu kommen. 

Und warum gerade der Herrenberg?

Ich gebe zu, dass ich im ersten Moment überrascht war, als ich gelesen habe, dass der erste Erfurter tapetenwechsel im Stadtteil Herrenberg stattfindet. Also habe ich nachgefragt. Tinas Antwort gab mir das Gefühl, ertappt worden zu sein: „Hauptgrund ist, dass es in dem Stadtteil bislang so gut wie kein Kulturangebot gibt und der Herrenberg ziemlich verrufen ist. Und viele Erfurter dort noch nie unterwegs waren. Das wollen wir ändern, erste Berührungspunkte schaffen, Vorurteile abbauen –  mit einer möglichst niedrigschwelligen Veranstaltung für Leute vom Herrenberg und aus anderen Stadtteilen in Erfurt.“

Alle Infos zur Veranstaltung…

findest du auf der Facebook-Seite vom tapetenwechsel Erfurt. Hier wird zum Beispiel gerade nach und nach verkündet, auf welche Künstler und Musiker du dich am 19. Februar freuen darfst. Weitere Hintergründe und jede Menge Bilder von den Leipziger Veranstaltungen gibt es außerdem auf der Homepage vom tapetenwechsel

Auch wenn die „Königin Kultur“ im letzten Mai zu Grabe getragen wurde, ist sie hier in Erfurt längst nicht tot. Ich bin davon überzeugt, dass es hier genügend Platz und Interessenten für Formate wie den tapetenwechsel gibt. Man darf gespannt sein, was uns in diesem Jahr noch alles erwarten wird. 


Liebste Grüße,

Jessi

Fotos: © tapetenwechsel

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