Wo Pils zu Pilz wird: Die Pilzmanufaktur Erfurt von Sascha Sauer

Wo Pils zu Pilz wird: Die Pilzmanufaktur Erfurt von Sascha Sauer

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Pilzmanufaktur Erfurt

*Dieser Artikel ist Teil der Reihe „Erfurt, alles im grünen Bereich?!“, ein Projekt, welches im Rahmen des kulturellen Jahresthemas der Stadt Erfurt „Kultur hallt nach“ entstanden ist und durch dieses gefördert wird. Wir stellen euch nachhaltige Akteur:innen der Stadt vor, die Erfurt auf vielfältige Art und Weise positiv beeinflussen, dazu beitragen, die Stadtgesellschaft positiv zu prägen und das Erfurtbild von Morgen skizzieren.

„Jede mittelgroße bis große Stadt sollte ihre eigene Pilzzucht haben.“, sagt Sascha Sauer als ich ihn in seiner Pilzmanufaktur Erfurt besuche. Während wir uns unterhalten, wird mir schnell klar, dass Sascha für seine Arbeit – die Pilze – brennt . Für ihn sind Pilze viel mehr als eine leckere Mahlzeit. Laut Sascha sind sie „eines der besten Lebensmittel“, da sie unzählige gute Inhaltsstoffe besitzen; viel Wasser und viele Vitamine. Seine Begeisterung für Speisepilze (vor allem für Sorten, die es im Supermarkt nicht zu kaufen gibt) und der Wunsch nach einer möglichst nachhaltigen Zucht motivierten Sascha sich voll und ganz der Pilzzucht zu widmen. Getreu dem Motto “learning by doing“ startete er 2022 sein Projekt: Die Pilzmanufaktur Erfurt.

Pilze im Keller züchten: So geht’s

Bevor ich Sascha treffe, stehe ich etwas verwundert in der Rathenaustraße und suche die passende Hausnummer. Schließlich sehe ich einen Mann, der mir freudig entgegen winkt und den Weg weist. Ich gehe über einen Hof, vorbei an einigen Garagen und finde die versteckte kleine Treppe, die in die Kellerräume der Pilzmanufaktur Erfurt führt. Sascha versichert mir, dass ich nicht die Erste bin, die die Pilzmanufaktur erst suchen muss – sie liegt wirklich sehr versteckt. Als ich dann endlich in der Manufaktur stehe, bin ich beeindruckt von dem, was Sascha aus dem einfachen Keller gezaubert hat. Er hat sich alles so eingerichtet, dass für jeden Zwischenschritt der Zucht genügend Platz vorhanden ist und er professionell und hygienisch arbeiten kann. Bei einer Tour durch den Keller erfahre ich, wie die Pilzzucht funktioniert.

Obwohl Sascha die Pilzzucht mit Abstand am besten erklären kann, breche ich den Prozess mal aufs Gröbste runter – ohne Anspruch auf Vollständigkeit versteht sich. Als erstes stellt Sascha ein Substrat her, das als Grundlage für die Zucht dient. Es besteht aus Stroh und Biertreber, den die Erfurter Braumanufaktur Heimathafen bereitstellt. Daher ergab sich auch der Name von Saschas Website: PilsPilz. Nachdem Sascha das Substrat sterilisiert hat, wird es in einzelne Beutel gefüllt und im eigenen Labor mit dem Myzel der jeweiligen Pilzsorte beimpft. Die Luft im Labor ist gefiltert, damit sie möglichst rein ist und die Zucht nicht durch Verunreinigungen stört. Die Beutel lagern anschließend mehrere Wochen in einem Raum, der die Umgebung nachempfindet, der das Myzel natürlicherweise ausgesetzt ist: Hier ist es dunkel und relativ feucht – wie in der Erde eben. Dass sich der Pilz im Beutel ausgebreitet hat, lässt sich an dessen weißen Ablagerungen im Substrat erkennen. Danach zieht der Beutel in den Fruchtraum um. In hohen Regalen stapeln sich die Beutel mit Pilzen, denen hier die perfekten Wachstumsbedingungen geboten werden. Sascha überprüft regelmäßig CO²-Gehalt und Luftfeuchtigkeit im Raum, damit sie möglichst konstant bleiben. 

Die mit dem Pilz durchwachsenen Beutel werden nun mit einem sauberen Messer eingeschnitten, sodass sich der Pilz seinen Weg ins Freie bahnen kann. „Es dauert nur wenige Tage, dann kann man schon die ersten Pilze erkennen und nach 7 bis 14 Tagen kann auch schon geerntet werden.“, so Sascha. An verschiedenen Beuteln zeigt er mir die verschiedenen Reifestadien der Pilze und erklärt, dass sogar mehrere Ernten aus einem Beutel hervorgehen. Und Saschas Pilzzucht hat noch viel mehr Vorteile!

Die Pilzmanufaktur Erfurt: Qualität statt Quantität

Die Speisepilze, die in der Pilzmanufaktur Erfurt gezüchtet werden, können auch als Gourmetpilze bezeichnet werden. Es sind außergewöhnliche Sorten, die es im Supermarkt meist nicht zu kaufen gibt. „Das liegt größtenteils an der kurzen Haltbarkeit der Pilzsorten, die sich durch ihre Lamellen-Struktur ergibt.“, erklärt Sascha. Momentan werden Austern-, Kastanien- und Zitronenseitlinge sowie Igelstachelbart gezüchtet und geerntet. Die Sorten variieren je nach Jahreszeit, denn unterschiedliche Sorten mögen auch unterschiedliche Wachstumsbedingungen. Wie ich vom Pilzzüchter lerne, wachsen Pilze nicht nur im Herbst, sondern fast das ganze Jahr über. „Ich passe die Sorten einfach an Jahreszeit und Temperatur an. Wenn es im Sommer sehr warm wird, dann wachsen hier eben nur bestimmte Sommer-Pilze.“

Good to know: Die Pilze der Pilzmanufaktur Erfurt sehen nicht nur außergewöhnlich aus, sie haben auch geschmacklich einiges zu bieten. So bleiben sie sogar nach dem Kochen relativ bissfest und haben daher nichts mit der üblichen weichen Konsistenz von Pilzen zu tun, die du vielleicht mit ihnen verbindest. Das Gegenteil ist der Fall: Saschas momentaner Lieblingspilz, der Austernseitling, eignet sich sogar wunderbar als pflanzliche Alternative zu Fleisch.

Selbst züchten statt fertig kaufen

So wie Sascha seine Pilze züchtet, kannst du das übrigens auch Zuhause tun und dir bei Sascha ein Pilz-Zucht-Set kaufen. Ein Set enthält einen fertigen Beutel mit Substrat und Myzel, der nur noch eingeschnitten werden muss, damit die Speisepilze daraus wachsen. Aus einem Zucht-Set ergeben sich 1 bis 1,5 Kilogramm Pilze. Alles, was du brauchst, ist ein Raum mit relativ konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Egal ob im Badezimmer, in der Küche neben der Spüle oder im eigenen Kellerabteil, mit dem Set kannst du (fast) überall Pilze züchten. Schon nach einer Woche kannst du deine erste eigene Ernte zubereiten. So lassen sich die  langen Transportwege verkürzen, die Pilze aus dem Supermarkt meist zurücklegen, und weißt genau, unter welchen Bedingungen dein Essen gewachsen ist. Das ist schon echt cool, oder?

Die Pilz-Zucht-Sets können direkt in Saschas Pilzmanufaktur abgeholt oder online bestellt werden. Wenn du die Pilze aus der Pilzmanufaktur Erfurt vorher mal kosten möchtest, kannst du bei Sascha auch fertige Exemplare kaufen oder im Restaurant Kromers auf eine Pilz-Mahlzeit vorbeischauen. Hier haben die Erfurter Pilze schon einen festen Platz auf der Speisekarte ergattert und auch im Peckham’s werden die Pilze ab und an verarbeitet. Um seine Pilzzucht weiter in Erfurt zu etablieren, freut sich Sascha über das Interesse anderer Restaurantküchen und jede:n einzelne:n Probierfreudige:n. Schau für noch mehr Infos einfach mal auf seiner Website vorbei.

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